2009: Tag 3, Mt. San Angelo - Santa Maria in Valle

Mittwoch, 17.Juni 2009

Strecke: 8 km
Höhenmeter: 400 m aufwärts, 200 m abwärts
Geplante Zeit: 5:30 Stunden


Das Rufen der Esel weckt uns um 5:30 Uhr. Die Nacht über waren sie ganz ruhig aber anscheinend sind sie der Meinung, dass es nun Zeit wäre weiter zu gehen. Die Stelle an der sie die Nacht über angebunden waren ist leer gefressen. Ich suche einen neuen Platz mit frischen Grünzeug und binde sie fest. Eine halbe Stunde später ist dann auch unser Frühstück fertig und gleichzeitig schiebt sich die Sonne hinter dem Monte Velino hervor. Das Wetter verspricht heute wieder sonnig und heiß zu werden und ich hoffe, dass der heutige Trip überwiegend im Schatten verläuft. Dann fällt mir allerdings Lucas Bemerkung bei der Lagebesprechung am Sonntag ein, dass uns heute ein ausgesetzter, schattenloser Aufstieg bevorsteht.

Zunächst geht es jedoch erst einmal unterhalb des Monte St Angelo flach auf einer Hochebene entlang. Damit die Esel heute schneller laufen haben wir zusätzlich zu den frischen Gräsern noch “Müsli” verfüttert. Luca hat uns beim Abschied gestern noch einen kleinen Sack mit Kraftfutter mitgegeben. Die Hälfte davon geben wir unseren Esel und tatsächlich kommen wir anfänglich ganz gut voran. Allerdings müssen wir schnell erkennen, dass wir gestern zu früh campiert haben. - unmittelbar nach dem Zeltplatz am Monte St. Angelo müsste eigentlich ein steiler Abstieg beginnen. Wir allerdings tappern auf einer Hochebene entlang. Zu allen Pech, finden wir unmittelbar nach dem Start auf einer Wiese keine orange-farbigen Markierungen mehr, die uns den Weg weisen sollen. Der gesamte Pfad wurde im Vorfeld von Luca mit orangefarbenen Punkten, Pfeilen und Kreuzen markiert. Zusätzlich erhielten wir von Ihm noch eine engbeschriebene 7-seitige detaillierte Routenbeschreibung, der “Moser-Guide” des Eselstrekkings und eine Kopie der Karte mit eingezeichneten Route. Bisher hat dies immer ausgereicht den richtigen Weg zu finden. Jetzt stehen wir allerdings etwas ratlos in der Gegend.

Normalerweise würde ich nun den Weg nach “Bauchgefühl” einschlagen was mir oft schon geholfen hat, mich aber auch einige Male an Steilabbrüche, undurchdringliches Unterholz oder ausgetrocknete Flußläufe mit meterhohen Findlingen geführt hat. Mit zwei 250 - 300 kg schweren Eseln entscheiden wir doch auf Nummer sicher zu gehen und schwärmen aus um die nächste Markierung zu suchen. Etwas später sind wir erfolgreich. Wie sich später herausstellt, haben wir unsere bereits zurückgelegte Strecke überschätzt und suchten die Markierung an der falschen Stelle.

Die nächste Verzögerung kommt kurz danach als wir an einer Weggabelung die orangene Markierung übersehen und ein gutes Stück in die falsche Richtung laufen. Erst als wir uns den Weg wieder zurück erarbeiten kommen wir um 11 Uhr an den steilen Abstieg, den wir eigentlich schon heute früh um 8 Uhr nehmen wollten.

Und nun wird’s haarig. Nino gibt bergab immer richtig Gas. Um ihn zu bremsen ist es erforderlich mit ausgestreckten Armen vor ihm herzugehen und sich mit der Schulter gegen ihn zu stemmen. Kein leichtes Unterfangen bei einem 300 kg schweren Grautier der von hinten schubst und am liebsten den Berg im Dauerlauf hinunter breschen möchte. Erschwerend kommt hinzu, dass der Pfad völlig mit Sträuchern überwuchert ist. Nach einer Stunde schweißtreibender Arbeit kommen wir endlich im Tal an und schlagen unser Mittagscamp im Schatten einer Pappel auf. Da uns mittlerweile das Wasser ausgegangen ist, mache ich mich in der Mittagshitze auf den Weg in das ein Kilometer entfernten Dorf. Von vier Häusern ist nur noch eines bewohnt und der Hausherr füllt mir freundlicherweise meine zwei Kanister auf. Im Camp werde ich sehnsüchtig erwartet. Die Kanister werden dank der Esel schnell geleert und für den Nachmittag bleiben uns nur noch ein Liter Wasser.

Nach der Siesta machen wir uns an den Anstieg. In der Nachmittagshitze kriechen wir den schattenlosen Hang hoch. Glücklicherweise kommt ab der Hälfte etwas Wind auf. Allerdings ist das Glück von kurzer Dauer weil kurz danach Hanni streikt und ich sie auf der Schulter den Berg hochtrage. Oben angekommen ist auch der letzte Tropfen Wasser aufgebraucht und ich ärgere mich, dass ich nicht noch ein zweites Mal in das Dorf gegangen bin um die Kanister noch einmal aufzufüllen.

Die letzten Kilometer bis Santa Maria in Valle gehen über eine schöne Hügellandschaft, einzig die sengenden Nachmittags-Sonne und das fehlende Wasser trüben ein wenig die Stimmung. Wir sind dann doch froh, als wir um 7 Uhr unser Etappenziel das B&B Bricioledi in Santa Maria in Valle erreichen. Das ausgezeichnete Abendessen von Antonella macht ganz schnell alle Anstrengungen des Tages wieder vergessen und nach einer Nacht im Zelt genießen wir in dieser Nacht wieder alle die Annehmlichkeiten einer Dusche und eines weichen Bettes. Nur die morgige Strecke mit 13 Kilometern und 1.100 Höhenmetern bereitet mir etwas Kopfzerbrechen.

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